es faellt mir nicht leicht, ein richtiges „bonn- gefuehl“ zu bekommen… sicher koennte ludwig van beethoven ein wichtiges sinnstiftendes element fuer eine von der stadt selbst ausgehende kraft nach aussen sein…. aber wie kann eine sinnstiftung nach innen aussehen? gibt es dafuer genuegend bonner? viele menschen leben hier unter dem motto temporaer. man wird scheinbar oft nur ein paar jahre hier sein… vielleicht sogar fuer immer. aber alles ist nicht ganz sicher…
die ganze stadt ist in ihrer aelteren und neueren geschichte immer wieder neudefiniert und gleichzeitig fragmentiert worden… das schlägt sich auch in der stadtentwicklung nieder. und die heutige situation hat wohl damit zu tun, dass die stadt ihren groessten entwicklungsschub in architektur und stadterweiterung durch den bund und internationale organisationen in den letzten 60 jahren bekommen hat… die historische teilung zwischen ost und west, im sinne der trennung durch den rhein, wird heute nur durch den klang/laerm der grossen infrastruktursysteme wie zuege, schifffahrt, flugverkehr und rheinbruecken ueberwunden..
ich hatte am 1.mai wochenende das vergnuegen, mein erstes “rhein in flammen” zu erleben… was ist da eigentlich passiert? da wird im wunderbaren rheinauen-erholungsgebiet eine riesige jahrmarkt-situation aufgebaut… die attraktionen wie hauptbuehne, clubbuehne, riesenschaukel, etc. und deren beschallungssysteme erschlagen sich gegenseitig… entlang der beiden rheinufer werden hunderte von kleinen schenken, partyzelten und sonstigen vergnuegungsmoeglichkeiten angekarrt, alles natuerlich mit eigenem strom-aggregat und beschallung. und am abend wird dann – in diesem fall mit der spider murphy gang – zuerst so richtig dampf abgelassen. bei voranschreitender finsternis werden hunderte von roten bengalischen lichtern entlang der ufer angezuendet… ca. 50-100 schiffe, geschmueckt mit lichtern, faedeln sich zu einer langen lichterkette von der hoehe koenigswinter bis bonn-castell und um ca. 23 uhr 30 beginnt letztendlich das grosse feuerwerk mit beethoven zuspielung, in diesem fall die neunte..
das alles ist ein grossartiger event, der sicher, wie ich sehen konnte, viele bonner und touristen anzieht, aber ein grosses erlebnis fuer die sinne ist es wahrlich nicht… es ist nicht eine magische nacht am rhein, dafuer stinken die bengalischen lichter zu sehr und der ereignis- wirrwar tut sein uebriges dazu sich mehr oder minder erschlagen und geraeuchert der situation zu ergeben… fuer einige momente fand ich den effekt der echolokation bei manchen feuerwerkskrachern sehr schoen… man konnte die grossen raumkoerper in ihren reflexionen wunderbar hoeren…
meine kritik geht eher dahin, dass zwar ein grosses ereignis stattfindet, aber keines, das der quantitativen falle entkommt… es wird sicher ortspunkte in diesem grossereignis gegeben haben, an denen das vorhaben irgendwie funktionierte… ich habe mich waehrend des feuerwerks unter den vielen besuchern entlang des rheins zwischen suedbruecke und plittersdorf aufgehalten; dort war das ein ziemlich sinnloses spektakel, besonders im zusammenhang mit beethovens neunter.. im sinne freude schoener goetterfunken kann ich nur einen feuerwehrmann zitieren: “zuend es an jens… lass es krachen…”
jedoch das eigentliche (raum)erlebnis fuer mich lag darin, dass durch den feiertag und das bevorstehende ereignis fast kein zug- und flugverkehr stattfand, dass auch keine frachter unterwegs waren und man fuer stunden nur musik und die rufe von menschen vom anderen rheinufer hoerte…
3.05. war heute wieder 5 stunden mit dem rad unterwegs und habe mir orte wie endenich, poppelsdorf, kessenich und dottendorf angesehen und hineingehoert..
alles hat sehr doerfliche bzw. kleinstaedtische strukturen… alle orte sind klanglich zum teil massiv von durchzugsstrassen wie der reuterstrasse oder der autobahn gefaerbt..
ein neu gewonnener bonner freund schrieb mir kuerzlich in unserem mail diskurs zum thema bonnhoeren…
Verbindend bleibt für alle der Rhein, der Kraft, Freiheit,
Beständigkeit und Stärke ausstrahlt. Aber die Bonner selbst haben
sehr unterschiedliche Beziehungen zum Rhein. Die Rheinseite der
Innenstadt Bonns lebt jedenfalls nicht. das ist blass. (Da ist selbst in
Königswinter mehr los, die Stadt Bonn sollte sich dem Rhein gegenüber
öffnen). Vater Rhein- man ehrt ihn nicht. Rhein in Flammen mag
eigentlich auch keiner, aber alle gehen hin. Die Flucht in eine
kollektive Sehnsucht oder Verweigerung? Verbindend bleibt vielleicht
auch das Siebengebirge, das viele Bonner die „Bonner Alpen“ nennen.
Hier gibt es vielleicht eine Identifizierung, die über den kleinen
Stadtteil hinausgeht.
das siebengebirge steht ganz oben auf meiner liste der kommenden erkundigungen..