beispiel hoerort — park haus carstanjen

der park von haus carstanjen ist ein landschaftspark an der bonner rheinpromenade, angelegt im jahre 1824 von sybille mertens. im angrenzenden schloss sind heute un-organisationen untergebracht.

dieser park ist etwas besonderes, ein arboretum, ein baumgarten, mit seinen verschiedenartigen und so manchem exotischen gehoelz… alles offen und grosszuegig gesetzt, dicht und weitlaeufig zugleich, und selbst sonntag nachmittags, bei schoenem wetter, nur vereinzelnd und verstreut von menschen genuetzt.

hier sich fuer eine halbe stunde niederzulassen und sich dem hoeren hinzugeben ist reine freude. nichts bedraengt hier das ohr mit ausnahme des immer wiederkehrenden rauschmotivs der gueterzuege vom rechten rheinufer, die zwar fuer kurze zeit den raum klanglich dominieren, aber nicht ueberwaeltigen, und mehr daran erinnern, dass dieser ort inmitten einer sehr geschaeftigen welt liegt. dieses gefuehl erzeugen auch die klaenge der schiffahrt auf dem rhein, aber anders. die zuege lassen sich sehr schwer in ihrer fahrtrichtung vom park aus hoeren… das angestrengte brummen und stampfen der grossen frachtkaehne dagegen schon…

das wunderbare hier ist die erfahrbare vielfalt im gleichen… visuell wie auditiv… 
verschiedene baumarten sprechen verschieden im wind…
 mein eigener schritt hoert sich anders an im gras, auf dem kiesweg, auf der asphaltierten promenade… eine vielzahl von unterschiedlichen vogelstimmen verteilt im ganzen park…
 es laesst sich eine beziehung und wechselwirkung von baum/strauch- zu vogelart beobachtend hoeren.

wenn man sich vom park aus dem rhein naehert und dem treiben der menschen auf der uferpromenade zuhoert, entfaltet sich eine vielzahl von rhythmischen und klanglichen strukturen:
 in den leichten oder schweren schritten von joggern…
 im schreiten und sich unterhalten von spaziergaengern: verschiedenes schuhwerk, verschiedene sprachen… 
im spielen, lachen und kreischen von kindern…
 alle moeglichen varianten vorbeigleitender bis vorbeirasender fahrradklaenge…
 das rhythmische geraeusch der skater… 
rufe… hundbellen vom anderen rheinufer…

steigt man dann von der uferpromenade hinunter zum rhein offenbaren sich nun wieder neue klaenge und rhytmische muster: im sanften spiel der wellen… im eigenen schritt im uferkies… im kiesel schmeissen von kindern… im schlagen des wassers der ruderboote… in den grossen wellen, die ueberfallartig am ufer mit getoese entlangrauschen, ausgeloesst von schnellen, grossen stromabwaerts fahrenden passagierschiffen…
 im sich wieder beruhigen des ufers… im ausklingen…

dieser park und seine unmittelbare rheinuferumgebung sind ein idealer ort um sich im hoeren und hoerenden denken zu ueben… nichts zwingt hier zur gewohnten unbewussten haltung des nichthoerens… keine autos… keine grossen lautheiten im nahfeld… nahezu nie lautspraecherklaenge…
 der raum bleibt immer gross, im auditiven wie im visuellen… behaelt tiefe und richtung… ist transparent und durchhoerbar…

sich mit stadtklang beschaeftigen heisst mehr ueber die klaenge der stadt und ihrer orte zu erfahren, ihre wirkungsweisen und zusammenhaenge verstehen zu lernen.
 dieses beschaeftigen ist ein fortwaehrendes sich ueben im hoeren, zuhoeren und hoerendem denken. nur im eigenen hoeren entsteht hoererfahrung, ein persoenliches verstaendnis fuer das sprechen unserer lebensraeume…